Veröffentlicht am von

Man hat es schon nicht leicht

Man hat es schon nicht leicht

Ja, das Leben ist hart und ungerecht. Seit über 14 Tagen liege ich nun hier, eingeklemmt in einer Ritze zwischen Wand und Kinderbett. Es ist ziemlich dunkel hier, und auch etwas staubig. Sagen Sie das aber bloß nicht der Hausherrin, die hält viel auf Reinlichkeit und wenn sie wüsste, was hier so los ist, dann würde sie mit aller Gewalt am Bett ziehen. Was sie nicht darf, sie ist nämlich schwanger, und der Herr des Hauses, der sowas mühelos erledigen könnte, ist auf etwas, was sich Geschäftsreise nennt. Auf jeden Fall ist er nicht da, seit fast zwei Wochen schon, und das Bett ist wirklich ziemlich sperrig und nicht leicht zu bewegen.

Rechts neben mir hat sich ein Schnuller verkeilt, was nicht weiter schlimm ist. Luis, der Besitzer des Schnullers ist nämlich schon drei, und eigentlich soll er ohne Schnuller auskommen. Es gab ein paar Tränen, als der Schnuller verschwand, aber da es für Notfälle noch immer einen weiteren Schnuller gibt, ist der Verlust nicht ganz so tragisch.


 

Links von mir wartet ein kleines Lego-Männchen auf Rettung. Der Verlust des Männchens war schon dramatischer, wenn auch nicht für dessen Besitzer. Luis´ Mama wurde ganz panisch, als sich herausstellte, dass das Männchen nicht mehr da war. „Er hat es verschluckt. Ganz bestimmt. Ich hab Dir gleich gesagt, die kleinen Legosteine sind noch nichts für ihn.“ Luis´ Papa konnte sie nur mit Mühe beruhigen und sie an einem Selbstversuch hindern. Ganz ehrlich: ich bezweifle sehr, dass ein Mensch einen der Brüder des Männchens verschlucken könnte, aber sie war drauf und dran, es auszuprobieren.

Mein dritter Gefährte hier unten, ein benutztes Papiertaschentuch, ist nicht der Rede wert und wurde auch überhaupt nicht vermisst. Das gilt auch für den fünften im Bunde, einen halben Keks, wenngleich der so langsam auseinanderfällt. Was mir schon ein wenig Angst macht, denn er befindet sich schräg über mir. Und Krümel sind etwas, was ich nicht so gut leiden kann. Sobald ich nämlich vollgekrümelt bin, muss ich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit an den Ort, an dem man mich vermutet. In die Waschmaschine. Ich weiß noch genau, was Luis´Mama am Tag meines Verschwindens leise zu ihrem Mann sagte: „Ich wette, die Waschmaschine hat ihn gefressen.“ Zum Glück hatte Luis das nicht gehört, der war nämlich sowieso schon ziemlich verzweifelt, weil ich weg war. Nun gibt es zwar auch von mir zwei, aber das muss auch so sein.

Falls Sie es noch nicht erraten haben: ich bin eine Socke. Genauer gesagt, gehöre ich zu Luis´ Lieblingssocken, weil ich wirklich lustig aussehe. Ich habe sogar einen Namen: Kapitän Söckli. Den hat mir bzw. uns Luis´ Papa verpasst. Luis liebt das Piraten-Motiv auf mir, und er war wirklich sehr traurig, als ich verloren ging. Seitdem bemüht er sich sogar, beim Ausziehen nicht mehr alle Kleidungsstücke durch den Raum zu schleudern. Dieser Unart verdanke ich es nämlich, dass ich nun hier liege. Na ja, außerdem dem Umstand, dass an dem besagten Abend Luis´Papa dabei war, als Luis den Schlafanzug anzog. Der macht gerne Faxen und sieht es nicht so eng, wenn es beim Aus- oder Anziehen etwas wilder zugeht. Zugegebenermaßen ist das alles etwas blöd für mich gelaufen. Ich hoffe aber immer noch darauf, gefunden zu werden, spätestens beim nächsten Großputz, den wird Luis´ Mama sich nicht nehmen lassen, wo es doch bald auf Weihnachten zugeht. Aber jetzt sind sich sicherlich ganz neugierig darauf, wie ich aussehe.

Das Bild ganz links gehört zu mir, aber das haben Sie sich bestimmt schon gedacht. Wer Piraten blöd findet (was ich allerdings so gar nicht nachvollziehen kann), findet aber auch noch andere Motive. Nicht nur Socken mit Fröschen, Flamingos und Feuerwehrautos, es gibt auch Rehkitze, Vögel, Tiger und Eulen.

 

Weil ganz viele Kinder gerne die Hausschuhe weglassen und am allerliebsten nur in Socken umherflitzen, gibt es von Sterntaler ganz besondere Socken, die Fliesen-Flitzer. Die „Fliflis“ sind Socken mit einer Gummisohle, die luftdurchlässig ist, damit die Füße nicht schwitzen. Diese Sohle ist total praktisch, weil die Kinder damit nicht so leicht ausrutschen, wenn sie über glatte Böden rennen. Luis hat auch welche.

Es gibt ganz tolle Motive. Katzen, Esel, Bären, Elefanten, eine Unterwasserlandschaft, Bagger und sogar Meerjungfrauen.

 

 

 

Außerdem Fliesenflitzer mit Löwen, Käfern und sogar mit Nilpferden. Die sind alle so schön, dass es auch viel zu schade wäre, wenn man da Hausschuhe drüber zieht....

 

 

Leider, leider gibt es keine Fliflis mit Piraten drauf. Aber ich will mal nicht so sein: der Rest ist auch nett!

Wer gar kein Motiv möchte, der kann auch einfach bunte Socken anziehen, die gibt es als normale Socken und auch als kurze Sneaker-Socken, ja, und als Fliesen-Flitzer natürlich auch. Pure Colour heißen die, und es gibt sie in tollen Farben!

 

 

 

 

Und dann gibt es noch praktische Krabbelstrumpfhosen, die sind wie die Fliflis, da sitzt eine Gummibeschicktung am Fuß und an den Knien.

 

 

Das Baby, das Luis´ Mama erwartet, wird übrigens ein Mädchen. Ich hoffe sehr, dass es Piraten mag. Ich sehe nämlich noch verdammt gut aus, und weil ich Luis vermutlich ohnehin zu klein bin, wenn man mich endlich wiederfindet, würde ich gerne ein weiteres Kind glücklich machen. Also drückt mir die Daumen, dass das Bett bald verschoben wird, möglichst, bevor der Keks völlig zerbröselt ist. Wobei unter uns gesagt: Ich glaub das Märchen von der Waschmaschine nicht. Ich wette, die meisten verloren gegangenen Socken teilen mein Schicksal. Sie liegen neben Taschentüchern, Keksen und kleinen Spielsachen eingeklemmt neben dem Bett.


zurück zum Thema davor                                                                                                                        zum nächsten Thema



Das Schreiben von Kommentaren ist nur für registrierte Benutzer möglich.
Anmelden und Kommentar schreiben Jetzt registrieren