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Passt doch....

Passt doch....

Neulich überkam mich wieder einmal der Drang, mein Wohnzimmer umzugestalten. Dieser Drang befällt mich ungefähr einmal im Monat, meistens jedoch gebe ich ihm nicht nach. Bedeutet eine solche Umgestaltung doch, alles einer Generalreinigung zu unterziehen. Und wenn ich „alles“ sage, dann meine ich wirklich alles.

Die Blätter der Zimmerpflanzen werden auf Hochglanz poliert, das Silberbesteck endlich mal wieder geputzt, das gute Geschirr für 12 Personen, das nicht in die Spülmaschine darf, wird abgewaschen, sämtliche Bücher werden aus den Regalen genommen und liebevoll gereinigt. Selbstverständlich werden alle Möbel verrückt, auch jene, die gar nicht umgestellt werden sollen, damit der Teppich darunter eine schöne Schaumreinigung bekommen kann.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich hatte gerade ächzend das Sofa verschoben, da sah ich es hinten in der Ecke liegen: klein, blau und mit den typischen Rundungen versehen. Das fehlende Teilchen des vorletzten Puzzles, nach welchem wir verzweifelt 3 Stunden lang gesucht hatten. Ein Stückchen Himmel, ohne irgendwelche besonderen Merkmale, trotzdem ungemein wichtig, denn ein Puzzle sollte nun mal vollständig sein. Das finden zumindest meine Kinder, und das ist eines der wenigen Dinge, bei denen sie einer Meinung sind.

So unterschiedlich sie auch sind, die Leidenschaft am Puzzeln haben sie gemeinsam, zumindest die beiden Ältesten. Wir Eltern teilen diese Leidenschaft, und manchmal teilen wir sogar ein Puzzle. Es muss groß genug sein, damit jeder in einer Ecke anfangen kann. Das vorletzte war so eines, wir hatten viel Freude daran, bis zu dem Moment, an dem klar wurde, dass definitiv ein Teil fehlte. Der Gedanke, dass das Teilchen vielleicht gar nicht in der Schachtel gelegen hatte, kam niemandem. Wir haben schließlich noch nie ein Puzzle gehabt, bei dem ein Teil gefehlt hätte.

 

Also wurde das Wohnzimmer auf den Kopf gestellt und jede Situation rekapituliert, bei der es möglich gewesen wäre, dass ein Teilchen verschwand. Angefangen bei dem feierlichen Moment, an dem unser Sohn die Tüte aufschnitt, um die Teile in die Schachtel zu schütten, über die Unachtsamkeit unserer Tochter am Tag darauf, die versehentlich mit ihrem Ärmel ein paar Teilchen zu Boden gefegt hatte, bis hin zu meinem Missgeschick mit der Kaffeetasse am dritten Tag. Ja, ich hatte beim Puzzeln einen Kaffee getrunken, und, nein, das ist eigentlich nicht üblich. Zumindest darf kein Getränk in der Nähe der kostbaren Puzzleteile abgestellt werden, seit einmal ein Weinglas mit Rotwein umgefallen war, dessen Inhalt Monets Seerosenteich in eine blutrote Pfütze verwandelt hatte.

 

Nun war zwar die Kaffeetasse nicht umgefallen, aber ich war beim Einschenken etwas zu ungestüm gewesen. Bei dem Versuch, den Kaffee mit einem Papiertaschentuch aufzusaugen, bevor er meine halb fertige Ecke erreichte, hatte ich versehentlich ein Teilchen zu Boden gewischt. Zwar glaubte man mir, dass an meiner Stelle des Puzzles überhaupt kein Himmel sein konnte, weil ich schließlich die Ecke rechts unten zusammensetzte, aber dass wirklich nur ein Teilchen zu Boden gefallen war, das zudem zu einem Baumstamm gehörte, konnte ich nicht beweisen. Wie dem auch sei: das Stück Himmel blieb verschwunden.

 

Während die Männer der Familie insgeheim weiterhin mich verdächtigten, zeigte meine

Tochter Solidarität und behauptete, sie habe gesehen, dass mir nur ein Teil herunter gefallen sei. Sicherlich hätten wir ausnahmsweise ein unvollständiges Puzzle erwischt. Das glaubte ich ebenfalls, bis ich das Teilchen in der Ecke fand. In dem Moment war mir alles klar. Nur ein Familienmitglied konnte das Teilchen dort deponiert haben, nur hatte an dieses niemand gedacht. Wer verdächtigt schon jemanden, der abends zur Puzzlezeit schon im Bett liegt?

 

Sie möchten wissen, was meine Familie gesagt hat, als ich ihr von dem Fund berichtete? Sie weiß es nicht, und dabei wird es auch bleiben. Ich bin sicher, unser Jüngster hat sich nichts dabei gedacht, das Teilchen hinter das Sofa zu werfen. Zu Weihnachten wird er sein erstes richtiges Puzzle bekommen, zunächst aus Holz. Ich wette, er wird schnell verstehen, dass ein unvollständiges Puzzle keinen Spaß macht.

 

Noch ein paar Jahre, dann wird auch er mit uns puzzeln können, darauf freue ich mich schon.

Das Teilchen habe ich gut versteckt. Das Puzzle, dem es fehlt, haben wir trotz der kleinen Lücke aufgeklebt und gerahmt, weil unserer Tochter das Motiv so gut gefiel. Irgendwann werde ich die Lücke füllen, momentan hat sie die Pappe, auf die das Puzzle geklebt wurde, an der Stelle blau angemalt. Passt doch......   


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